Autogas: Kraftstoffalternative im Aufwind
Bis 2015 allein in Deutschland 1,5 Mio. Fahrzeuge prognostiziert
Berlin
(pte/08.08.2009/06:00) -
Die Entwicklung beim Alternativkraftstoff Autogas hat der
Flüssiggasbranche ein wichtiges neues Absatzsegment eröffnet. Während
die Absatzmengen im Heizbereich rückläufig sind, befindet sich der
Sektor Autogas derzeit in einem kräftigen Aufwärtstrend. Die
Kraftstoffalternative punktet mit niedrigen Preisen und - im Vergleich
zu Benzin und Diesel - geringen Abgasemissionen. pressetext sprach mit
Robert Schneiderbanger, Geschäftsführer des Deutschen Verbands
Flüssiggas e.V. (DVFG) http://www.dvfg.de, über Einsatzmöglichkeiten, die Zukunft des Flüssiggasmarktes und "Schwarze Schafe" in den Werkstätten.
pressetext: Was genau versteht man unter Flüssiggas? Welche Einsatzmöglichkeiten gibt es?
Schneiderbanger: Unter Flüssiggas versteht man im Wesentlichen
Propan und Butan. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es sich - im
Gegensatz etwa zu Erdgas - schon unter geringem Druck von ca. acht Bar
verflüssigen lässt. Dadurch nimmt es nur ein 260stel seines
Rauminhaltes ein und ist deshalb eine sehr transportable Energie. Die
Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. Die größte ist die Wärmeerzeugung
im Haushalt - Warmwasser, Heizen oder Kochen. Flüssiggas findet jedoch
auch Anwendung im Bereich Freizeit, in der Industrie, im Gewerbe, in
der Gastronomie und als Kraftstoffalternative für Fahrzeuge.
pressetext: Wie hoch ist der Anteil von Flüssiggas am deutschen Gesamtenergiemarkt?
Schneiderbanger: Etwa 3,5 Millionen Verbraucher nutzen bislang die
leitungsunabhängige Energie. Ihr Anteil am gesamten Gasmarkt beträgt
etwa vier bis fünf Prozent. Am Primärenergieverbrauch der
Bundesrepublik Deutschland hat Flüssiggas einen Anteil von unter einem
Prozent.
pressetext: Wie schätzen Sie die Zukunft für die Flüssiggasbranche ein?
Schneiderbanger: Im Bereich Wärmeerzeugung sind die Absatzmengen
aufgrund der technischen Energieeffizienzmaßnahmen rückläufig.
Schließlich bieten moderne Brennwertgeräte Einsparungen von 15 bis 20
Prozent. Dazu kommen weitere Maßnahmen wie Fensterisolierung oder
Wärmedämmung. Von daher ist es für unsere Branche positiv, dass wir im
Sektor Autogas stark wachsende Absatzzahlen verzeichnen. In diesem
Bereich haben wir im vergangenen Jahr einen Zuwachs von 60 Prozent
erzielt - im ersten Halbjahr 2009 ist der Absatz um rund 30 Prozent
gestiegen.
pressetext: Wie viele Fahrzeuge sind bereits auf Autogas umgerüstet? Wie steht Deutschland im europäischen Vergleich da?
Schneiderbanger: Der Bestand an Autogastankstellen hat sich
innerhalb kurzer Zeit auf über 5.000 gesteigert. Momentan dürften in
Deutschland gut 360.000 Fahrzeuge auf Autogas aufgerüstet sein. Wir
verzeichnen im deutschen Markt zwar eine große Dynamik, sind aber im
europäischen Vergleich keinesfalls führend. In Polen und Italien sind
sehr viel mehr Fahrzeuge auf Autogas aufgerüstet als in Deutschland.
Bei der Logistik, bei den Tankstellen, können wir aber schon recht weit
vorn mitspielen. Bis 2015 rechnen wir mit 1,5 Mio. Fahrzeugen und 6.000
Autogastankstellen. Durch die anfallenden Investitionen und
Werkstattleistungen soll ein zusätzliches Wirtschaftsvolumen von knapp
drei Mrd. Euro generiert werden.
pressetext: Lässt sich jedes Fahrzeug mit einer Autogasanlage ausrüsten und wie teuer ist eine solche Aufrüstung?
Schneiderbanger: Grundsätzlich lässt sich fast jeder Benziner
zusätzlich mit einer Autogas-Anlage ausrüsten. Auch Dieselfahrzeuge
könnten aufgerüstet werden. Das wird in nächster Zeit wahrscheinlich
vor allem im Transportbereich auch vermehrt geschehen. Die
Auf-/Umrüstung eines normalen Benziners kostet zwischen 1.800 und 2.800
Euro - abhängig unter anderem von der Fahrzeuggröße. Je nach
Preisunterschied zwischen Benzin und Autogas ist die Amortisierung
schnell erreicht. Bei einer Fahrleistung von 25.000 bis 30.000
Kilometern im Jahr ist das etwa nach zwei Jahren der Fall. Hierbei ist
der von Eurotax/Schwacke und anderen Firmen ermittelte höhere
Wiederverkaufswert noch nicht berücksichtigt.
pressetext: Wo sehen Sie die Vorteile des Fahrens mit Autogas?
Schneiderbanger: Der Preis für einen Liter Autogas beläuft sich in
Deutschland derzeit auf rund 59 Cent. Außerdem sind die Abgasemissionen
deutlich geringer. Allein direkt am Auspuff lassen sich so etwa 15
Prozent an CO2 einsparen, rechnet man die gesamte Lieferkette, sind es
sogar 18 Prozent. Beim Fahren mit Flüssiggas gibt es darüber hinaus so
gut wie keine Feinstaubemission. Bei der gesamten Abgasemission sind
Einsparungen von bis zu 80 Prozent möglich. Allein 2008 konnten durch
die Nutzung von Autogas nach unseren Berechnungen rund 153.000 Tonnen
an CO2-Emissionen eingespart werden.
pressetext: In einer aktuellen ADAC-Umfrage klagte ein Viertel
der Gaskunden über Probleme mit der Autogasanlage. Gibt es zu viele
"Schwarze Schafe" auf dem Markt und wie sieht es mit einer
Zertifizierung aus?
Schneiderbanger: Der DVFG hat mit verschiedenen zugelassenen
Überwachungsstellen ein Zertifizierungssystem entwickelt, das von
einigen Prüforganisationen bereits angeboten wird. Das Zertifikat
bescheinigt den Fachwerkstätten, dass sie die vorgegebenen
umfangreichen Mindeststandards einhalten. So müssen die Werkstätten
beispielsweise neben fachlichen und materiellen auch organisatorische
Anforderungen erfüllen. Wir hoffen, dass dieses System schon bald
bundesweit zum Einsatz kommt. Es gibt natürlich auch andere
Möglichkeiten der Zertifizierung, etwa bei großen Ketten. Dem DVFG und
seinen Mitgliedsunternehmen ist sehr an einer hohen Qualität im Markt
gelegen. Leider gibt es in einem Wachstumsmarkt auch immer wieder
"Schwarze Schafe". Deshalb lautet unser Tipp an die Verbraucher: Holen
Sie sich mindestens zwei oder drei Angebote ein. Fragen Sie nach der
Erfahrung der Autowerkstatt mit Flüssiggasanlagen sowie entsprechender
Zertifizierung. Achten Sie darauf, dass die Anlage des Herstellers für
Ihr Fahrzeug freigegeben ist. Zudem sollte die Anlage nach ECE R 115
genehmigt sein.
pressetext: Vielen Dank für das Gespräch.
(Ende)
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